Meinungsmacher können Gruppen zu schlechten Entscheidungen führen

Wodurch können Meinungsmacher Gruppen zu schlechten Entscheidungen führen?

Was sind die Bedingungen, damit eine Gruppe zu besseren Entscheidungen kommt als Einzelne?

Diese Fragen stellen sich, weil Erfahrungen und wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Gruppen eben oft nicht zu besseren Entscheidungen und somit nicht zu besseren Ergebnissen kommen als Individuen.

Dennoch beherbergen Gruppen das Potenzial deutlich bessere Ergebnisse zu liefern, als es ihre Mitglieder einzeln vermögen.

Die Bedingungen für diese deutlich besseren Entscheidungen sind, dass die Gruppenmitglieder miteinander in Verbindung stehen, sich austauschen und, dass sie gleichgestellt sind. Das erreicht man recht zuverlässig durch eine kompetente Moderation.

Kompetente Moderation sorgt dafür, dass alle Meinungen und Perspektiven gehört und gesichtet werden.

Kompetente Moderaten sorgt dafür, dass Meinungsmacher – sogenannte „Lautsprecher“ – eben nicht die Möglichkeit erhalten Gruppen zu schlechten Entscheidungen zu führen.

Denn nahezu in jeder Gruppe gibt es Meinungsmacher. Das sind einflussreiche Menschen, die nicht für die optimale Entscheidung, sondern für die von ihnen gewünschten Ergebnisse stehen. Das muss, aus Sicht der Meinungsmacher, gar nicht destruktiv gemeint sein.

Meinungsmacher sind auch in der Lage, ihr persönlich gewünschtes Ergebnis vor den anderen zu verheimlichen. Vielleicht wirken sie wohlwollend oder innovativ. Auch tun manche gern so, als gäbe es nur die von ihnen genannten Fakten. Oder, wenn es andere Fakten gibt, haben die natürlich nur eine geringe Relevanz.

Weil Meinungsmacher Meinungen machen, verfügen sie über ein gewisses Geschick. Dadurch ist die Chance hoch, dass ein relevanter Teil der Gruppe sich ihnen anschließt. Das geschieht umso wahrscheinlicher, je mehr Einzelne von dem Meinungsmacher in irgendeiner Form abhängig sind, z.B. wenn es ihr Chef oder ein informeller Führer ist, oder wenn ihm gegenüber besondere Sympathien gehegt werden. Gerade um diese Sympathien zu erwerben, gehen sie auch gern schon mal in die Opferrolle oder benennen andere als destruktiv oder schuldig. All diese Manipulationen geschehen um so weniger, je kompetenter moderiert wird. Dabei sollte man sich allerdings nicht unbedingt die Moderatoren aus dem TV zum Vorbild nehmen.

Dass Meinungsmacher Gruppen zu schlechten Entscheidungen führen können, wird von wissenschaftlichen Untersuchungen gestützt:

Hier ein Auszug aus dem Artikel „Lautsprechen machen Gruppen dumm“ in Spectum.de.

Forscher um Damon Centola von der University of Pennsylvania, haben in der Zeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ ihre Studie über die Auswirkung von sozialen Netzwerken auf das Gruppendenken veröffentlicht. Die Forscher stellen damit die klassische Theorie zur „Weisheit der Vielen“ in Frage. Diese besagt, dass eine Gruppe schlauer ist als einzelne Experten, dass aber ein Meinungsaustausch zwischen den Mitgliedern einer Gruppe generell zu schlechteren Ergebnissen führt.

Centola und seine Kollegen führten eine internetbasierte Studie mit mehr als 1300 Teilnehmern durch, die beispielsweise den Preis von Gegenständen oder den Kaloriengehalt von Mahlzeiten insgesamt dreimal schätzen sollten. Eine Gruppe erhielt nach der ersten und zweiten Schätzung jeweils das Durchschnittsergebnis der gesamten Gruppe und konnte ihre Schätzung revidieren. Die Forscher stellten fest, dass sich dabei das Gruppenergebnis immer weiter an den korrekten Wert annäherte. Eine andere Gruppe konnte stattdessen nach ihrer ersten Schätzung die Schätzung eines einzelnen Mitglieds, eines so genannten Meinungsmachers, zweimal einsehen. Daraufhin näherte sich das Gruppenergebnis dem Ergebnis des Meinungsmachers an und wurde nur dann besser, wenn der Meinungsmacher zufällig nah am richtigen Ergebnis lag.

Aus Spektrum der Wissenschaft Newsletter 13. Juni 2017